Nicht alles glaub‘ ich, was ich hör‘,
doch dies erzählte der Frisör.
In seinem Dorf am Strombergrand,
wo jeder jedem ist bekannt.
Wo der Verkehr strömt ein und aus,
dort steht ein Einfamilienhaus.
Es wohnt darin ein Ehepaar,
nicht mehr ganz jung, schon viele Jahr‘. |
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Im Alter wird man gern bequem
und liebt, was einem angenehm.
Man stützt sich auf ein Kissen, weich,
am Fenster, und man sieht sogleich
die Straße runter und auch rauf,
wer einzeln kommt und wer zuhauf‘.
So gibt’s manch int’ressanten Blick
die Straße vor, doch auch zurück. |
Heut‘ geht was ganz Besond’res ab:
„Schön, dass ich das gesehen hab‘;
doch will ich freilich auch noch seh’n:
wie wird das Ganze weitergeh’n?“
Frau beugt sich vor, ein bisschen noch;
erschrickt: „Jetzt fall‘ ich in ein Loch!“
Das Kissen hält sie fest im Arm:
„Wenn ich schon fall‘, dann bitte warm.“ |
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Als sie die Haustürklingel drückt,
macht auf der Mann; erstaunt er blickt:
„Was ist hier los, wo kommst du her?
Verstehen tu ich gar nichts mehr.“
Die Frau erklärt ihm ziemlich klar,
wo sie mit ihrem Kissen war.
Dort in dem Dorf jetzt jeder weiß:
„Auch Neugier kostet ihren Preis.“
© 19.05.2019 Gisela Kibele |
Liebe Gisela,
ich habe sehr schmunzeln müssen, als ich dieses Gedicht las. Ja, es war und ist es vielleicht heute auch noch so in Schmie. Hab das oft beobachtet. Aber diese Leute kennen halt noch kein Internet. Sie suchen sich ihr Geschichten auf der Straße aus. Warum auch nicht?
Gruß
Inge